ARCHIV FÜR AUTOBAHN- UND STRASSENGESCHICHTE

Geschichte & Verwaltung | Historie & Gegenwart

Die Reichsautobahn und der polnische Korridor

Korridor
Die Strecken 55 und 56 und der polnische Korridor
Eingezeichnet ist bereits die vorgesehene Verlängerung der RAB von Elbing aus durch das Gebiet der Freien Reichsstadt Danzig.
Quelle: Westpreußische Zeitung, Januar 1939

Als Folge des I. Weltkrieges von 1914 - 1918 wurde im Versailler Vertrag dem polnischen Staat ein freier Zugang zur Ostsee als ca. 60 bis 90 km breiter Korridor zugesprochen sowie das Gebiet der Stadt Danzig zur Freien Reichsstadt erklärt. Damit war das zum Deutschen Reich gehörende Gebiet Ostpreußen vom Reichsgebiet abgetrennt.

Die ursprünglichen Planungen des RAB-Grundnetzes sahen u.a. eine RAB-Strecke Berlin über Stettin bis zur östlichen Reichsgrenze bei Bütow und jenseits des Korridors von Elbing nach Königsberg als die Strecken 54, 55 und 56 vor.

Am 29. August 1939 erging an den polnischen Staat ein "Vorschlag der Deutschen Reichsregierung zur Regelung des Danzig-Korridor-Problems sowie der Deutsch-Polnischen Minderheitenfrage". Im Punkt 8 dieses Vorschlages heißt es:

"Um nach erfolgter Abstimmung - ganz gleich, wie diese ausgehen möge - die Sicherheit des freien Verkehrs Deutschlands mit seiner Provinz Danzig-Ostpreußen und Polen seine Verbindung mit dem Meere zu garantieren, wird, falls das Abstimmungsgebiet an Polen fällt, Deutschland eine exterritoriale Verkehrszone, etwa in Richtung von Bütow-Danzig bzw. Dirschau, gegeben zur Anlage einer Reichsautobahn sowie einer viergleisigen Eisenbahnlinie. Der Bau der Straße und der Eisenbahn wird so durchgeführt, daß die polnischen Kommunikationswege dadurch nicht berührt, d. h. entweder über- oder unterfahren werden. Die Breite dieser Zone wird auf einen Kilometer festgesetzt und ist deutsches Hoheitsgebiet. Fällt die Abstimmung zugunsten Deutschlands aus, erhält Polen zum freien und uneingeschränkten Verkehr nach seinem Hafen Gdingen die gleichen Rechte einer ebenso exterritorialen Straßen- bzw. Bahnverbindung, wie sie Deutschland zustehen würden."

Der Überfall des faschistischen Deutschlands auf Polen am 1. September 1939, also nur drei Tage später, zeigte, was das Angebot in Wirklichkeit war: Ein Ablenkungsmanöver, um die tatsächliche Absicht, Polen durch einen Krieg zu vernichten, zu verschleiern.


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