ARCHIV FÜR AUTOBAHN- UND STRASSENGESCHICHTE

Schrifttum | Projekt-I/2015

Kleine Geschichte der Straßenprofile und Oberflächenbefestigungen
mit Anschauungsbeispielen aus (Bad) Homburg vor der Höhe und Umgebung

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Abb. 1 Französisches Chausséeprofil (um 1775) nach Pierre Marie Trésaguet (1716 – 1796)

Auf eine Packlageschicht aus 15 – 20 cm hohen, pyramidenförmig bearbeiteten großen Steinen kommt eine Schotterschicht mittlerer Körnung und abschließend eine Deckschicht aus besonders harten kleinen Steinen. Fahrbahnbreite ca. 5 m.

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Abb. 2 Sächsisch-preußisches Kunststraßenprofil (19. und frühes 20. Jahrhundert)

Anpassung der französischen Bauweise an die komplexeren deutschen Verhältnisse. Die Packlage wird zur besseren Druckverteilung je nach Bedarf aufrecht oder liegend gesetzt. Schotter- und deckende Feinsteinschlagschicht werden z. T. mit Wasser eingeschlämmt und festgewalzt. Innovativ sind die seitliche Stützung der Packlage und die ausgeprägten Abzugsgräben für Oberflächen- und Sickerwasser. Fahrbahnbreite bis zu 6 m. Die gewölbte Fahrbahn dient der raschen Entwässerung.

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Abb. 3 Verkehrssituation auf einer Schotterstraße im beginnenden Automobilzeitalter

Ein gefahrloses Überholen des Fuhrwerks war nur dann möglich, wenn beide Verkehrsteilnehmer die Straßenbreite vollständig ausnutzten. Wegen der bis um 1925 schlechten Straßenverhältnisse verringerte sich der Sicherheitsabstand häufig auf weniger als 1 Meter.

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Abb. 4 Geschotterte Straße mit angebautem Sommerweg

In Norddeutschland erweiterte häufig ein Sommerweg von etwa 2,50 m Breite die zumeist 5m breiten, geschotterten oder gepflasterten Landstraßen. Gewöhnlich wurde hierfür nur ein wenig Schotter mittlerer Körnung in den sonst nicht weiter präparierten Untergrund eingewalzt. Der Sommerweg war für Pferdefuhrwerke, den Viehtrieb und Fußgänger gedacht. Auf ihm marschierten bei Manövern auch Truppen.

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Abb. 5 Landstraße mit Sommerweg unter Kraftfahrzeugverkehr, um 1925

Das Bild zeigt die Verkehrssituation auf einer 5 m breiten, gepflasterten Landstraße. Die Position des Lastkraftwagens und die Spurrinne auf der linken Bildseite weist darauf hin, dass Fahrzeuge bei Gegenverkehr oft in den Sommerweg abrutschten, wodurch der Pflasterrand zerstört wurde. Wegen der generell geringen Straßenbreite war das Fahren auf Landstraßen mühsam und zeitraubend. Der Um- und Ausbau solcher Straßen zu einem flächendenkenden Netz leistungsfähiger Fernstraßen für den Kraftfahrzeugverkehr gehörte zu den großen Herausforderungen der Straßenbauverwaltungen in Preußen und den übrigen deutschen Ländern.

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Abb. 6 Noch heute zu sehende Ortsverbindungsstraße mit Großpflaster
aus Blaubasalt, Sommerweg und Gehweg im Burgenlandkreis (Sachsen-Anhalt)
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Abb. 7 Durch Automobile zerstörte geschotterte Landstraße

Rechts im Bild sind die damals üblichen Schotterhaufen zu sehen, mit denen die Straßenwärter die Schlaglöcher ausbesserten. Mangels Straßenwalzen wurden die Reparaturstellen zumeist mit einer Handramme festgestampft.

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Abb. 8 Oberflächenbefestigung mit Großpflaster (links) und Kleinpflaster (rechts)

Diese teure Bauweise kam vor allem bei städtischen Straßen zum Einsatz, um den allgegenwärtigen Straßenstaub während der trockenen Jahreszeit zu verhindern. In Bad Homburg sind noch heute zuweilen Pflasterstrecken unter Asphaltdecken zu finden (z. B. Kiseleffstraße im Kurpark).

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Abb. 9 Marktlauben mit Großpflaster in der Homburger Löwengasse

Auf der zum Bad Homburger Schloss führenden Herrngasse ist immer noch Großpflaster zu sehen

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Abb. 10 Die chaussierte Untere Louisenstraße in Bad Homburg, um 1914 (Blick Richtung Ferdinandstraße und Eisenbahnhotel)

Auch die Kaiser-Friedrich-Promenade war als wassergebundene Schotterstraße ausgeführt.

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Abb. 11 Die Obere Homburger Louisenstraße besaß schon vor dem Bau der Straßenbahn Ende des 19. Jahrhunderts eine Pflasterdecke.
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Abb. 12 Walzarbeiten an der Unteren Louisenstraße zur Glättung der wassergeschlämmten Chaussierung. Sie erhielt erst 1932 eine Walzasphaltdecke

Das Deutsche Reich hatte aufgrund des Ersten Weltkriegs und der nachfolgenden Inflationszeit den Anschluss an den international voranschreitenden modernen Straßenbau verloren.

Doch die Forschungen der 1924 in Berlin gegründeten Studiengesellschaft für Automobilstraßenbau führten zu raschen technischen Fortschritten, insbesondere bei der Herstellung von Asphaltdecken.

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Abb. 13 Eine auf die alte Pflasterung direkt aufgebrachte Gußasphaltdecke

Zwischen 1926 und 1930 wurden in Städten und Gemeinden innerörtliche Hauptstraßen mit Guss- bzw. Walzasphaltdecken versehen. Wie an dem parkenden Fahrzeug zu erkennen ist, blieb allerdings die Straßenwölbung der alten Straße bestehen.

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Abb. 14 Herstellung einer Asphaltmakadam-Decke auf einer Landstraße

Die wichtigen Überlandstraßen erhielten aus Kostengründen zumeist eine Oberfläche aus Asphaltmakadam, wobei in mehreren aufeinanderfolgenden Arbeitsgängen heißer Asphalt oder Bitumen in die Schotterdecken eingespritzt und anschließend zunehmend feinere Splittlagen eingewalzt wurden (sogenannte ‚Innentränkung’)

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Abb. 15 Mehrschichtige bituminöse Fahrbahndecke auf der Landstraße Bad Homburg – Höchst, 1927

Besonders stark befahrene Landstraßen benötigten eine widerstandsfähigere Fahrbahnoberfläche. Das wurde durch mehrere heiß eingebaute Asphaltlagen mit zunehmend feineren Mineralkörnungen erreicht (damalige Bezeichnung „Asphaltfeinbeton“)

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Abb. 16 Landstraße von Frankfurt nach Oberursel im Taunus mit bituminöser Fahrbahndecke und einseitigem Gehweg, 1927

Zur Kostenreduzierung wurden für Straßenoberflächen auch unterschiedliche Mischungen aus dem heimischen Steinkohlenteer und importiertem Bitumen genutzt, die als Teermakadam bzw. Teerbeton bezeichnet wurden.

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Abb. 17 Landstraße bei Friedrichsdorf/Taunus, 1927
Bildnachweis
01 Artur Speck, Der Kunststraßenbau, Berlin 1950, S. 22
02 Hermann Milke, Der Strassenbau, Leipzig 1934, S. 9
03 Studiengesellschaft für Automobilstraßenbau, Niederschrift über die III. Hauptversammlung, Berlin 1927, S. 14
04 Ewald Müller, Der Chaussebau und seine Hülfswissenschaften, Berlin 1903, S. 210
05 Die Strasse 1. Jg. 1934, S. 236
06 Foto Martin Ruppmann, Juni 2014
07 Hermann Milke, Der Strassenbau, Leipzig 1934, nach S. 16
08 Der neuzeitliche Strassenbau, hg. von Hubert Hentrich, Teil III, Steinstraßen, bearb. von Franz Knipping, Halle (Saale) 1928, S. 76 und 78
09 StAHG, S05 000410
10 StAHG, S05 000408
11 StAHG, S05 000406
12 StAHG, S05 000420
13 Hermann Milke, Der Strassenbau, Leipzig 1934, vor S. 25
14 Hermann Milke, Der Strassenbau, Leipzig 1934, nach S. 24
15 STRABAG, Der moderne Straßenbau , Köln 1927/28, S. 41
16 STRABAG, Der moderne Straßenbau , Köln 1927/28, S. 42
17 STRABAG, Der moderne Straßenbau , Köln 1927/28, S. 43
© Konzept, Gestaltung und Ausführung Dr. Dr. Reiner Ruppmann, Bad Homburg, 2015